Nach Thüringen und Sachsen-Anhalt ist nun auch in Sachsen die AfD vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch bewertet worden. Eine mehrjährige juristische Prüfung habe "unzweifelhaft" ergeben, dass der AfD-Landesverband verfassungsfeindliche Ziele verfolge, sagte Verfassungsschutzpräsident Dirk-Martin Christian. 

Ein solcher Schritt hat zur Folge, dass der Verfassungsschutz geheimdienstliche Mittel ohne Einschränkungen einsetzen kann – um Informationen über extremistische Aktivitäten des Landesverbands zu gewinnen.

Zuvor hatte der Verfassungsschutz die sächsische AfD vier Jahre lang beobachtet, zunächst als Prüffall und seit Februar 2021 als sogenannten Verdachtsfall. Bereits im April wurde die Jugendorganisation der AfD, der sächsische Landesverband der Jungen Alternative, als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung eingestuft.

In den vier Jahren wurden dem Verfassungsschutzpräsidenten zufolge viele Äußerungen und politische Forderungen von "Personen mit einem hohen Repräsentationsgrad" innerhalb der Partei gesammelt. "Diese belegen in der Summe unzweifelhaft, dass der hiesige AfD-Landesverband verfassungsfeindliche Ziele verfolgt", sagte Christian.

Dritter Landesverband

Sachsen ist der Landesverband des Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla. Auch der Spitzenkandidat zur Europawahl 2024, Maximilian Krah, kommt aus Sachsen. 

Die sächsische AfD ist damit der dritte Landesverband mit dieser Einstufung. In Thüringen gilt die AfD mit ihrem umstrittenen Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke schon seit März 2021 als gesichert rechtsextremistisch. Sachsen-Anhalt folgte schließlich Anfang November.

Auf Bundesebene stuft der Verfassungsschutz die AfD insgesamt eine Stufe darunter ein, also als rechtsextremistischen Verdachtsfall.

Bei der Landtagswahl 2019 kam die sächsische AfD auf 27,5 Prozent der Zweitstimmen. In der jüngsten Umfrage erreichte sie wie die CDU 33 Prozent. Im kommenden Jahr finden Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen statt.

Höcke dominiere Charakter des Landesverbands

Der Landesverband der AfD sei zwar personell heterogen zusammengesetzt, sagte der Behördenchef. "Inhaltlich-programmatisch überwiegt jedoch das aus dem früheren Flügel hervorgegangene sogenannte solidarisch- patriotische Lager, dessen geistiger Vater und Anführer der Rechtsextremist Björn Höcke ist und das inzwischen den Charakter des gesamten Landesverbands prägt und dominiert." Rechtsextremistische Äußerungen führender Funktions- und Mandatsträger würden in der Partei zur Kenntnis genommen, ohne dass es zu einer öffentlichen Distanzierung oder kritischen Auseinandersetzung käme. Die Partei erscheine nach außen wie ein "monolithischer Block".

Dem Gutachten zufolge richten sich zahlreiche inhaltliche Positionen gegen die Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. "Die Landespartei verfolgt im Hinblick auf die Zuwanderung eine Politik des sogenannten Ethnopluralismus, einem Markenkern des politischen Rechtsextremismus", hieß es. "Danach würde sich der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausschließlich nach ethnisch-biologischen beziehungsweise kulturellen Kriterien richten." Ein solches Volksverständnis sei jedoch mit dem Grundgesetz unvereinbar.

In der Migrationsdebatte vertrete die Partei typische völkisch-nationalistische Positionen, hieß es weiter. Führende Vertreter der Landespartei würden in diesem Kontext im öffentlichen Diskurs regelmäßig ideologische Kampfbegriffe der rechtsextremistischen Szene wie "Der große Austausch", "Umvolkung" oder die Forderung nach "Remigration" verwenden. "Auch diese Begriffe verbergen ihren rassistischen Kern und ihre Urheberschaft im Nationalsozialismus."

Islam- und Muslimfeindlichkeit

Die Islam- und Muslimfeindlichkeit drücke sich insbesondere dadurch aus, dass männliche Migranten aus dem arabischen Raum mit einer drastischen, angsteinflößenden Wortwahl pauschal öffentlich diffamiert und diskriminiert würden. "Damit schürt der AfD-Landesverband fortwährend Ängste und Ressentiments gegen Ausländer in der Bevölkerung", sagte Christian.

Schließlich bediene sich der AfD-Landesverband gängiger antisemitischer, zumeist verschwörungsideologischer Positionen, die regelmäßig auch von Rechtsextremisten und Reichsbürgern verwendet würden. "Antisemitismus wird von führenden Vertretern des AfD-Landesverbandes nicht direkt geäußert, sondern durch sogenannte Codes und Chiffren verschlüsselt, zum Beispiel über die 'internationale Finanzelite'."