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Bauernproteste live: Streichungen sollen bleiben, sagt Regierung

Portrait Peter Laufmann
Peter Laufmann, agrarheute
am Montag, 15.01.2024 - 11:25

Seit gut einem Monat sind die Bauern im Demo-Modus. Auch am 15. Januar rollen die Traktoren wieder und lassen Teile der Republik stillstehen. agrarheute ist vor Ort.

++ 15:40 Uhr ++: Bauernpräsident Rukwied gibt seine Einschätzung zu den Konsultationen zwischen Fraktionen und Verband ab. Er sieht enttäuscht aus. Es sei um Themen gegangen, die seit 30 Jahren diskutiert würden. Man sei in Gesprächen, um weitere Planungssicherheit zu bekommen. Dennoch rät er den Ball flach zu halten. "Wir sind lösungsorientiert", sagt Rukwied.

Fraktionen wollen Fahrplan vorlegen

++ 15:30 Uhr ++: Die Ampel-Koalition gibt auf einer Pressekonferenz bekannt, was in der Runde mit den Vertretern der Landwirte herausgekommen ist. Rolf Mützenich (SPD) sagt, Regierung will Fahrplan vorlegen. Bis zur Sommerpause soll Planungssicherheit für Landwirte kommen. Britta Haßelmann (Grüne) macht deutlich, dass Streichungen bleiben, also der Abbau der Agrardiesel-Subventionen. Aber mehr Einkommen soll auf den Höfen bleiben, die Marktmacht der Lebensmittelkonzerne sei zu groß.

Christian Dürr (FDP) bezeichnet das Miteinander als notwendig und bedankt sich bei den Landwirten.

++ 14:00 Uhr++: Während die Landwirte noch in Berlin demonstrieren, haben sich die Fraktionsspitzen mit Bauernvertretern getroffen. SPD, Grüne und FDP hatten dazu letzte Woche eingeladen. Es heißt, dass für den Bauernverband der Generalsekretär Bernhard Krüsken an dem Treffen teilnähme. Für die Ampel-Fraktionen sprechen Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann (Grüne) und Christian Dürr (FDP). 

++ 13:30 Uhr ++: Die Kundgebung ist im Wesentlichen vorbei. Bleibt zu hoffen, dass der lautstarke Protest bei der Regierung angekommen ist. Heute Mittag sind Ampel und Vertreter der Landwirtschaft zu Gesprächen verabredet. 

++ 12:50 Uhr ++: Es folgen noch Solidaritätsnoten etwa der Dehoga, des Deutschen Landfrauenverbandes, der Arbeitsgemeinschaft der Waldeigentümer und des Deutschen Jagdverbandes. "Es muss fair honoriert werden, wenn gesellschaftliche Leistungen erbracht werden." Helmut Dammann-Tamke vom DJV gelingt es, die Subventionsstreichungen mit einem angeblich überzogenen Wolfsschutz zu verknüpfen.

Lindner verspricht Bürokratieabbau

Lindner

++ 12:40 Uhr ++: "Mein Angebot ist, mit ihnen zu sprechen!" Lindner scheint nicht klein beigeben zu wollen bei der Frage des Agrardiesels. Er verspricht den Bürokratieabbau. Keine Flächenstilllegung, wirtschaftliche Substanz stärken ... "Nicht immer neue Knüppel zwischen die Beine", sagt Lindner. Lindner stellt Umweltstandards zur Disposition. "Sie sind doch alle Macher!" Aber er können nicht mehr staatliche Hilfen aus dem Bundeshaushalt versprechen. Aber es gäbe andere Dinge zu besprechen. Diese Chance sollten Landwirte nicht ausschlagen. Sein Haus prüfe derzeit unter anderem, ob die Tarifglättung bei der Einkommensteuer wieder eingeführt oder gar eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage geschaffen werden könne.

++ 12: 30 Uhr ++: Als finaler Redner tritt Christian Lindner ans Mikrofon. Unter Buhrufen. Rukwied ruft zur Mäßigung auf. 

Lindner verweist auf Unterschiede zu Klimaaktivisten und zollt den Landwirten Respekt. "Landwirtschaft verdient den Respekt der ganzen Gesellschaft. Wir brauchen eine Agrarpolitik, die den Landwirten vertraut." 

Jetzt fraternisiert Lindner mit den Landwirten. Er würde auch den Pferdestall ausmisten. Lindner wirbt um seine Zuhörer. "Ich kenne die steigenden Kosten, die sie erfüllen müssen."

"Wir sind in einer schwierigen Phase." Lindner verweist auf die hohe Schuldenlast. "Ich zahle 40 Milliarden Euro Zinsen, von ihrem Geld!"

Lindner hat Mühe, gegen die Zwischenrufer durchzukommen. Aber er hält dagegen. Und führt an, was die Regierung leistet, wo sie kürzt, wo sie auf dem Weg wäre, der Gerechtigkeit Genüge zu tun. "Ich muss als Finanzminister fragen, welche Mittel sind nötig, wo kann ich kürzen." Die Wettbewerbsfähigkeit muss erhalten werden. Kein Sonderopfer der Landwirtschaft."

Landjugend lässt sich nicht auf die Ersatzbank schieben

++ 12:20 Uhr ++: Die Stimmung ist weiterhin gut. Laut, aber diszipliniert. Nun spricht Theresa Schmidt Vorsitzende des Bund Deutscher Landjugend. "Es geht um unsere Zukunft", sagt sie und fordert die Menge auf, mal richtig laut zu sein. Sie bedankt sich für die Solidarität. "Wir lassen uns nicht auf die Ersatzbank schieben."

Jetzt bittet sie Minister Linder nach vorne. Sie übergibt ihm eine Gelbe Karte als Verwarnung und fordert ihn auf, sich zu besinnen. 

Keine faulen Kompromisse

++ 12: 00 Uhr ++: Mittlerweile ist auch Bundesfinanzminister Christian Lindner angekommen. Noch steht er im Hintergrund, sein Auftritt kommt noch. Jetzt spricht für das Transportgewerbe Dirk Engelhard. Er beklagt unter anderem die CO2-Abgabe. Und verweist auf die wichtige Rolle der Transportbranche. Auch er kündigt weitere Proteste an.

Land schafft Verbindung (LsV) hat das Wort. "Wir sind nicht mehr allein", sagt der Sprecher Claus Hochrein. "Wir gehen keine faulen Kompromisse mehr ein." Die Angebote der Politik seien alles andere als großzügig. "Wir haben viele Kröten schlucken müssen." Hochrein greift Finanzminister Lindner an: Seine Vorwürfe seien "unterste Schublade". "Das geht einfach nicht."

Im Hintergrund ist "Wir sind das Volk" zu hören. 

Rukwied spricht in Berlin

Rukwied

++ 11:50 Uhr ++: "Ziehen sie die Streichungspläne zurück, dann ziehen wir uns zurück", sagt Rukwied. "Gleichwohl nehmen wir das Angebot zum Bürokratieabbau gerne an." Für die Zukunft Deutschlands bräuchte es stabile ländliche Räume. "Die jungen Landwirte verstehen ihr Handwerk!" Ohne Landwirtschaft hätte Deutschland keine Zukunft. "Wir wollen eine faire Lösung!"

++ 11:30 Uhr ++: Die Kundgebung hat begonnen. Es spricht der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied: "Wir stehen zu einer stabilen Demokratie. Dazu gehört die sichere Versorgung mit Lebensmitteln." Rukwied kündigte weitere Proteste an, wenn man nicht auf die Forderungen angeht. 

Die Rede wird begleitet von einer großen Menge an Demonstranten. Jubel, wenn es um die Forderungen geht, Pfiffe, als Olaf Scholz und Christian Lindner genannt werden. "Ich habe Respekt vor ihnen, Herr Lindner, wenn sie sich hier stellen. Wir behandeln unsere Gäste mit Respekt."

++ 10:40 Uhr ++: Auf der Kundgebung wird auch Finanzminister Christian Lindner erwartet. Der Gegenwind könnte rau werden für den Liberalen, hatte er doch in Zusammenhang mit den Protesten von "unverhältnismäßig" gesprochen. Am Wochenende kam eine Volte: Zwar will Lindner nicht vom Abbau der Agrardiesel-Subventionen weichen, ist aber dafür, bürokratische Hürden für Landwirte abzubauen. "Deshalb müssen wir schauen, wie der wirtschaftliche Erfolg durch weniger Regulierung insgesamt verbessert werden kann", sagte Lindner. 

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) geht da nicht mit. „Wenn Christian Lindner ernsthaft meint, Bürokratieabbau für Landwirte sei im Gegenzug zur von der Ampel geplanten Abschaffung der Steuervergünstigungen beim Agrardiesel eine angemessene Kompensation, dann irrt er sich gewaltig“, sagte Füracker.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat letzte Woche im Morgenmagazin auf die Versäumnisse der Vorgängerregierung verwiesen. Zudem ist er für höhere Einkommen der Landwirte. „Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, vielmehr müssen wir es jetzt endlich mal einbauen“, sagte Özdemir der „Süddeutschen Zeitung“. „Schon wenige Cent mehr pro Kilo Fleisch würden bedeuten, dass unsere Landwirte Tiere, Klima und Natur besser schützen können – so, wie es doch alle verlangen.“

Gute Stimmung bei den Landwirten

Bauerndemonstration in Berlin

++ 9:30 Uhr, Berlin ++:  Immer noch versuchen Landwirte zur Demo zu kommen. Die Polizei hat mehrere Gespanne mit Mist gestoppt. Im Wesentlichen läuft aber alles in geordneten Bahnen. In jede Himmelsrichtung sind die Wege um die Siegessäule dicht. 1300 Polizisten sind im Einsatz.

"Hier ist Partystimmung", sagt Anke Fritz, unsere Kollegin vor Ort. "Die Landwirte sind trotz der Kälte gut drauf. Mit dabei sind auch Handwerker, Spediteure und Lkw-Fahrer."  Angeschlossen haben sich auch Gastronomen, die mit rosa Ballons für eine Beibehaltung der 7 Prozent im Gaststättengewerbe demonstrieren.

Auch in anderen Städten sind die Bauern unterwegs. So meldet die Polizei in Freiburg, dass am Montagmorgen Landwirte die Bundesstraße 31 mit etwa 130 Fahrzeugen blockierten.

Nix geht mehr in Berlin, wenn die Traktoren rollen

Bauernproteste

++ 7:45 Uhr, Berlin ++: In Berlin braucht es heute gute Nerven. Das gilt für alle, die zur Arbeit oder Schule oder zu sonst einem Termin wollen. Das gilt auch für die Landwirte, die zum Demonstrieren gekommen sind. Auf fünf Routen sollte es in einer Sternfahrt bis zum Brandenburger Tor gehen. Laut Polizei sind bereits 3.600 Traktoren in der Stadt. Schon jetzt gibt es aber viele Staus. Taxis und Busse als Schienenersatzverkehr kommen nicht mehr durch. So ist beispielsweise Stau in Zehlendorf. Ab der Avus/A115 auf der Potsdamer Chaussee und auf der A100 sind in beiden Richtungen die Einfahrten Tempelhofer Damm gesperrt. 

++ 7:00 Uhr, Berlin ++: Egal, wie früh es ist, die Bauern sind früher. Bereits seit Sonnabend versammeln sich Landwirte in Berlin, um für ihre Anliegen zu demonstrieren. Der Platz vor dem Brandenburger Tor füllte sich schon n der Nacht und am frühen Morgen. Heute werden 3000 Traktoren, 2000 LKW und 10.000 Teilnehmer zu den Protesten erwartet. Der Aufmarsch und die Kundgebung heute sind der Höhepunkt der Aktionswoche. Ab 11:30 Uhr soll die Kundgebung vor dem Brandenburger Tor starten. Geplant ist, dass neben Vertretern der Verbände auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprechen. 

Lindner hatte sich noch auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen kritisch gegenüber den Landwirten geäußert. 

Aus der SPD_Bundestagsfraktion kommt derweil Verständnis für die Landwirte. »Es muss einfach mehr Einkommen auf den Höfen ankommen und es muss eine klare Zukunftsperspektive für die nächste Generation geben«, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese dem Magazin "Der Spiegel".

++ Sonntag ++: Trotz Kälte, Schnee und Eis, und trotz des Angebots der Bundesregierung, die angedachten Streichungen zu entschärfen, sind Landwirte unterwegs. Am 8. Januar hat eine bundesweite Protestwoche begonnen. Traktorkorsos, Blockaden und Kundgebungen gab es in groß und in klein von der Küste bis zum Alpenrand, vom Rhein bis an die Oder, auf dem platten Land genauso wie in den Metropolen. Im Reigen mit den Landwirte demonstrieren auch Spediteure und Handwerker. Zudem haben sich viele Menschen außerhalb der grünen Blase den Protesten angeschlossen und viele haben Verständnis für die Anliegen der Landwirte.

Lindner und Rukwied sprechen zu Landwirten vor Brandenburger Tor

Das ist im Einzelnen am Montag, den 15. Januar geplant: 

  • Sternfahrt mit tausenden Traktoren nach Berlin
  • Demonstration, 10.000 Teilnehmer sind angemeldet
  • ab 11:30 Uhr startet eine gemeinsame Großkundgebung
  • als Redner sind neben Joachim Rukwied auch Finanzminister Christian Lindner geplant

100.000 Traktoren auf Deutschlands Straßen

Die vergangene Woche war bereits ein Erfolg, wenn man sich die schiere Teilnehmerzahlen anschaut. Sie zeigen, den Bauern ist der Protest nicht nur eine Herzensangelegenheit. Die Streichungen treffen sie ins Mark. Und sind symptomatisch für eine aufgestaute Unzufriedenheit. Und so waren tausende Traktoren unterwegs. Zum Beispiel am Montag in München; die Veranstalter sprechen von 7000 Traktoren. Donnerstag 2000 Traktoren in Hannover, Freitag 1500 in Nürnberg.

 „Das war ein erfolgreicher Start in unsere gemeinsame Aktionswoche“, findet Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Mit rund 100.000 Traktoren auf Deutschlands Straßen und zahlreichen Großdemonstrationen waren die Bauernproteste überall sichtbar. „Die Demos liefen geordnet ab. Das zeigt, dass es unseren Landwirtinnen und Landwirten um die Sache geht“, so Rukwied in der DBV-Pressemitteilung.

Politik zeigt sich gesprächsbereit, Streichungen sollen bleiben

Die ganze Woche haben sich Politiker zu den Anliegen der Landwirte geäußert. So sagte Bundesminister Cem Özdemir zu den Protesten letzten Monatg: „Die Mehrheit der deutschen Landwirtinnen und Landwirte vertritt ihre Anliegen mit demokratischen Mitteln. Das ist ihr gutes Recht.“ Auch der Bundesfinanzminister hatte sich beim Dreikönigstreffen der FDP zu Wort gemeldet: "Man kann nicht auf der einen Seite von der gesenkten Stromsteuer profitieren wollen, man kann nicht zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern, und auf der anderen Seite auch an alten Subventionen festhalten. Wer neue Subventionen will, muss auch auf Alte verzichten." Lindner hält die Proteste für unverhältnismäßig.

Am Montag (15. Januar) haben die Vorsitzender der Ampel-Fraktionen die Landwirtschaftsverbände zu Gesprächen eingeladen. Im Vordergrund sollen aber nicht die Streichungen stehen, sondern Perspektiven für landwirtschaftliche Betriebe.